Soldat und Zivilisten mit Ausgabe der „Stars and Stripes“ zum sowjetischen Einmarsch in Berlin, Foto: US Army Signal Corps, 1945, National Archives, Washington
„a smooth two-day operation.“
– Truppenzeitung der 44. Division der US Army, März 1945
„Um 9 Uhr begab sich ein Bürger der Stadt … mit mehreren Bürgern mit weißer Fahne nach der Hauptfeuerwache, um die Stadt zu übergeben. … Gegen 12 Uhr teilte Fräulein Ahlrichs uns mit, daß die Bevölkerung Mannheims ihre Freude und Dankbarkeit darüber zum Ausdruck brachte, daß durch die Beendigung des sinnlosen Widerstandes weitere Opfer vermieden wurden.“
– Heinrich Friedmann, Betriebsleiter der Wasserwerke in Erinnerungen im April 1945
„Am 22.3. hatten wir schon von Ludwigshafen her feindliches Artilleriefeuer, Mannheim war fast ganz von der Bevölkerung geräumt, ich selbst war aber fest entschlossen, in der Stadt selbst die Befreiung abzuwarten. … Alle Bande der Ordnung hatten sich gelöst, die Nazibonzen, Polizei etc. waren getürmt… . Am 29.3. zogen die ersten Amerikaner durch die Stadt, womit unsere Befreiung von Naziterror u. Bombenhagel vollendet war. Unsere Gefühle könnt Ihr Euch denken. Von den etwa 6000 Mannheimer Juden waren wir als kleines Häufchen von etwa 20 Männern u. 30 Frauen zurückgeblieben.“
– Friedrich Jacobi, jüdischer Rechtsanwalt, der die NS-Zeit in Mannheim überlebte, in einem Brief vom 22.4.1946
Bunker-Notwohnungen am Stadtrand, mit gestapelten, gereinigten Trümmersteinen, 1946-1947, Foto: Hans Roden © MARCHIVUM
Am Gründonnerstag, 29. März 1945 besetzten US-amerikanische Truppen Mannheim.
Die Reaktionen auf das Kriegsende vor Ort waren vielfältig und nicht eindeutig. Fest stand: das nationalsozialistische Regime war in Mannheim zu Ostern 1945 besiegt, bis 8. Mai 1945 auch im Rest Europas. Seine gedanklichen und ideologischen Grundlagen und die Konsequenzen von Verfolgungspolitik, Unterdrückung und verbrecherisch geführtem Krieg waren freilich nicht über Nacht verschwunden. Im Gegenteil, die Folgen der NS-Zeit waren sichtbar in der materiellen Zerstörung des Landes wie auch der körperlichen Versehrtheit vieler Menschen. Sie waren aber auch spürbar in Mentalitäten und Traumata, die noch über Jahrzehnte Politik und Gesellschaft, das öffentliche wie auch das private Leben prägten.
Europa erlebte in der Folge seine längste Friedenszeit, im Westen Deutschlands etablierte sich eine Demokratie, Jahrzehnte später wurde das lange Zeit geteilte Land wieder vereint. Mannheim wurde wieder aufgebaut und entwickelte sich nicht zuletzt aufgrund von Zuwanderung zu einer lebendigen, vielfältigen und weltoffenen Stadt. All dies war im Frühjahr 1945 weder absehbar, nicht einmal besonders wahrscheinlich.
Demokratie und materieller Wohlstand waren keineswegs eine Selbstverständlichkeit, sie verdankten sich nicht zuletzt der Politik der westlichen Siegermächte. Dabei hat es trotz der Erfahrungen der NS-Zeit in den vergangenen 80 Jahren auch immer wieder demokratiefeindliches Gedankengut sowie Menschen verachtende Gewalt gegeben, auch in Mannheim.
Gerade die Ereignisse der jüngsten Monate und Jahre zeigen besonders deutlich, wie wenig selbstverständlich und wie gefährdet die Errungenschaften der Jahre nach 1945 sind: ein zunehmend konfliktbehafteter, von Intoleranz geprägter öffentlicher Diskurs, der auch in das Privatleben vieler Menschen ausgreift; das Umgreifen von Verschwörungstheorien und der Streit um Fakten; Erfolge populistischer Parteien, die mit scheinbar einfachen Lösungen Zweifel an der Demokratie schüren und nach Sündenböcken suchen; Gewalttaten, von denen Mannheim allein in den vergangenen zwölf Monaten zwei erleben musste – all dies verunsichert die Menschen. Und auch der Frieden ist keine Selbstverständlichkeit mehr – in Europa, im Nahen Osten und vielen anderen Ländern werden brutale Kriege geführt.
Ausstellungsimpression „Gegen das Vergessen“, ein Projekt von Luigi Toscano
In Kooperation mit Kirchen, der Jüdischen Gemeinde, Vereinen und vielen anderen Institutionen hat die Stadt Mannheim ein umfangreiches Programm zum Thema Kriegsende 1945 zusammengestellt. Die Veranstaltungen in Mannheim schauen dabei nicht nur auf die Ereignisse vor achtzig Jahren zurück. Sie sind auch eine Mahnung, sich selbst zu engagieren. Vorträge, Filmvorführungen, Gespräche mit Zeitzeug*innen sowie weitere Formate laden ein, sich zu informieren, zu erinnern und aktiv zu werden.
Im Mittelpunkt und in der Mitte der Stadt, vor dem Wasserturm, steht die Ausstellung „Gegen das Vergessen“ des Mannheimer Fotografen Luigi Toscano, dessen Porträts von Überlebenden der NS-Verfolgung weltweit Aufsehen erregt haben.
Ausstellungsimpression "Gegen das Vergessen", ein Projekt von Luigi Toscano
In diesem Sinne wünschen wir allen Veranstaltungen möglichst viele Besucher*innen und den Besucher*innen wiederum wünschen wir viele wertvolle Denkanstöße!
Die Podcast-Folge zur Veranstaltungsreihe
Der MARCHIVUM-Podcast – Geschichten aus dem Bunker | Episode 17
80 Jahre Kriegsende
mit Annette Lennartz (bermuda.funkt), Thorsten Riehle (Bürgermeister) und Dr. Christian Groh (MARCHIVUM)
Die Folge können Sie ganz einfach über alle gängigen Podcast-Kanäle wie YouTube-Podcasts, Spotify, Podigee, Deezer und Apple Podcasts anhören.
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